
Vertreter des Forums Bahnlärm Untere Isar haben ihre Argumente für die "wesentliche Änderung" an MdB Günter Baumgartner übergeben. Von links Wilfried Ständer, Maria Lehner, MdB Günter Baumgartner, Werner und Irene Peisl.
Plattling – pm (11.09.2025) Vertreter des „Forums Bahnlärm Untere Isar“ trafen sich mit MdB Günter Baumgartner und besprachen den geplanten Ausbau der Bahnstrecke Landshut-Plattling. Die Vertreter des Forums bedankten sich für die Möglichkeit ihr Anliegen mit Herrn Baumgartner zu besprechen. Von Seiten des Forums wurde betont, dass man den Bahnausbau unterstützt, aber einen angemessenen Lärm- und Erschütterungsschutz fordert.
Alle geplanten Einzelbaumaßnahmen entlang der Strecke dienen der Kapazitätserhöhung der gesamten Strecke und werden den Bahnlärm signifikant erhöhen. Aus der Vorplanung geht hervor, dass es in den sogenannten Baulücken, also zum Beispiel in den Wohngebieten in Ergolding, Dingolfing und Otzing keinerlei Lärmschutz geben wird.
Das Forum stellt seit geraumer Zeit die Forderung, dass das gesamte Projekt als „wesentliche Änderung“ gemäß 16. Bundesimmissionsschutzverordnung definiert wird. Daraus würde sich die Lärmvorsorge ergeben, d. h. der Lärmschutz müsste auf der ganzen Strecke geplant werden. Günter Baumgartner unterstützt diese Forderung.
Die Vorplanung wurde von der Bahn abgeschlossen. Jetzt steht die parlamentarische Befassung im Bundestag an. Vom Forum wurde ein Argumenter vorgestellt und an Günter Baumgartner übergeben. Dieser Argumenter konkretisiert auf Basis von Ausarbeitungen des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags die Forderung nach der wesentlichen Änderung. Günter Baumgartner hat zugesichert, dass er sich für die „wesentlichen Änderung“ einsetzen wird.
Die Forderungen des Forums Bahnlärm Untere Isar: Die Ausbaustrecke (ABS) Landshut - Plattling (Projekt 2-035-V02) incl. Maßnahmen aus dem Deutschlandtakt ist als wesentliche Änderung zu definieren
Begründung:
Das Projekt 2-035-V02 dient der Kapazitätssteigerung für den Güterzugverkehr, die ergänzenden Maßnahmen aus dem Projekt Deutschlandtakt dienen zunächst dem Personenzugverkehr aber auch automatisch der weiteren zusätzlichen Steigerung des Güterzugverkehrs.
In den letzten knapp 50 Jahren wurden eine Vielzahl von Maßnahmen zur Kapazitätssteigerung durchgeführt, u. a. die Öffnung der Strecke für den nächtlichen Zugverkehr. Man könnte auch von mehreren „schleichenden“ wesentlichen Änderungen sprechen:
1976 Elektrifizierung der Strecke zur Kapazitätserweiterung als Folge der Ansiedlung von BMW in Dingolfing
2005 Anschluß BMW Dynamikzentrum westlich von Dingolfing
2009 Einführung neuer DIX (RE3) im Stundentakt mit 25% Erhöhung der Personenzugzahlen
2009 Einführung des Zugverkehrs in der Nacht für Personen- und Güterzüge
2017 Anschluß des neuen BMW Ersatzteillagers in Wallersdorf
2023 bis 2032 ABS Landshut-Plattling mit insgesamt 15 Maßnahmen, darunter die neue Plattlinger Kurve, Zweigleisigkeit zwischen Wörth und Loiching sowie mehrere Überhol- bzw. Begegnungsabschnitte zur Kapazitätssteigerung. Die Streckengeschwindigkeit wird im Zusammenhang mit den Baumaßnahmen auf 160 km/h angehoben. Erneuerung der Leit- und Sicherungstechnik (ETCS), i. d. R. mit ca. 20% Kapazitätssteigerung
BMW strebt nach einer erweiterten Nutzung der Bahnstrecken sobald dies durch zusätzliche Kapazitäten auf den Strecken möglich ist (Vorstands-vorsitzender Zipse auf der BMW Hauptversammlung am 11.05.2023)
Fortlaufend wird von Bundes-, Landes- und Kommunalpolitikern der durchgehende zweigleisige Ausbau gefordert.
Vor allem die „Plattlinger Kurve“ bedeutet zusammen mit den übrigen baulichen Maßnahmen einen erheblichen, verkehrslenkenden baulichen Eingriff. Mit der Summe der Maßnahmen wird in die Substanz des Verkehrsweges eingegriffen. Züge können künftig direkt in Richtung Regensburg fahren oder von dort auf die Strecke in Richtung Landshut.
Alle BMW Züge, die bisher über Landshut (mit „Kopf machen“ = Lokomotive umspannen) fahren, können künftig über die Plattlinger Kurve nach Regensburg fahren. In der Konsequenz fahren diese Züge alle durch Dingolfinger Wohngebiet.
Die Zahlen der Eisenbahn-Verkehrsprognose 2040 wurden nicht berücksichtigt. Die Steigerung des Personenzugverkehrs um +45% und die Steigerung des Güterzugverkehrs um + 25% auf der Strecke wurde nicht berücksichtigt, da die Zahlen bis zum Ende der Vorplanung nicht vorlagen.
In der 16. BImSchV wird das durchgehende zweite Gleis lediglich als Beispiel für eine wesentliche Änderung bzw. erheblichen baulichen Eingriff beschrieben. Entscheidend ist, dass mit den baulichen Maßnahmen in die Substanz des Verkehrsweges eingegriffen wird.
Die Bahnstrecke München - Lindau wurde in den letzten Jahren „lediglich“ elektrifiziert, war aber eine wesentliche Änderung mit Anspruch auf Lärm-vorsorge für die Bahnanlieger.
Die Bahnstrecke Hof - Regensburg wird auch „nur“ elektrifiziert, wurde aber vom damaligen Verkehrsminister Dobrindt im Jahr 2017 als wesentliche Änderung mit daraus resultierender Lärmvorsorge definiert. Zitat aus einer Präsentation der DB Netz vom 17.03.2018: „Zusätzliche Bestellung von Lärmvorsorge per Einzelfall-entscheidung für Hof - Regensburg durch den Bund im Juli 2017, weil sich die Elektrifizierung verkehrslenkend auf eine Sparte (Güterverkehr) auswirkt.“
Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags hat im Sachstandsbericht „Lärmschutzmaßnahmen an Eisenbahnstrecken - Zum Anwendungsbereich der 16. BImSchV“ in 2011 folgendes im Fazit veröffentlicht: „Jedoch kann bei der „Änderung des Verkehrsweges“ gemäß § 1 Absatz 1 der 16. BImSchV unter dem Gesichtspunkt des „Gesamtkonzepts“ (s. o.) ausnahmsweise auf die Gesamt-strecke abzustellen sein. In diesem Fall wären die durch bauliche Maßnahmen an anderen Teilstrecken verursachten Lärmerhöhungen der gesamten Strecke zuzurechnen und somit für die Gesamtstrecke Lärmvorsorgemaßnahmen nach der 16. BImSchV vorzunehmen.“
In der Kurzinformation des wissenschaftlichen Dienstes zum Thema „Lärmschutz an Eisenbahnstrecken“ vom 26.04.2024 wird festgestellt: „Anders stellt es sich jedoch dar, wenn nur auf bestimmten Abschnitten der Ausbaustrecke wesentliche bauliche Maßnahmen in Form eines zusätzlichen Gleisbaus erfolgen, welche aber auf andere Abschnitte „ausstrahlen“ könnten. Fraglich ist, ob die Bewohner eines Ortes, der in einem Streckenabschnitt
liegt, in dem keine baulichen Änderungen erfolgen, ebenfalls Maßnahmen des höherwertigen Standards der Lärmvorsorge nach der 16. BImSchV geltend machen können mit der Begründung, der dichtere Zugverkehr sei unmittelbare Folge der Baumaßnahmen. …. So könnten wesentliche bauliche Maßnahmen, die nur auf bestimmten Ausbaustrecken erfolgen, auf andere Abschnitte ausstrahlen, wenn ein Ursachenzusammenhang zwischen Ausbau und erheblicher Lärmzunahme bestünde.“
Auch die Blockverdichtung zwischen Dingolfing und Mamming stellt eine wesentliche Änderung dar. Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags hat im Bericht „Zum Lärmschutz bei Blockverdichtung an Schienenwegen“ folgendes festgestellt: „Es erscheint vertretbar, mit den Befürwortern im Falle einer Blockverdichtung eine „wesentliche Änderung“ bzw. einen „erheblichen baulichen Eingriff“ anzunehmen.“
Zusammenfassend sehen wir unsere Forderung nach der wesentlichen Änderung für die komplette Strecke Landshut - Plattling und der damit verbundenen Lärmvorsorge sowohl rechtlich als auch aus der ministeriellen Praxis als begründet an.

