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BEV von Söders Ankündigung zum Deutschunterricht enttäuscht

Bayern - pm (19.01.2024) Bayerns Ministerpräsident Markus Söder zeigte sich am Dienstag beim Auftakt der CSU-Klausur in Banz um die Qualität des Schulunterrichts besorgt und reklamierte mangelnde Sprachkompetenz der Schülerinnen und Schüler. Deshalb will er in den Grundschulen in jeder Jahrgangsstufe eine Stunde mehr Deutsch pro Woche auf Kosten anderer Unterrichtsinhalte.

Der Bayerische Elternverband (BEV) sieht hierin nicht die Lösung des Problems, sondern die Ablenkung von den eigentlichen Problemen des Schulsystems.

Letztere macht Martin Löwe, der Landesvorsitzende des BEV, in veralteten Strukturen aus: „Bayerische Schülerinnen und Schüler lernen im Gleichschritt, d. h. überall im Land zur selben Zeit das Gleiche. So war es schon vor 50 Jahren und so ist es dem Anspruch nach noch heute. Dass die Schülerschaft aber eine andere als vor 50 Jahren ist, ignoriert das System und unser Ministerpräsident schlicht.“ Mit seinem Vorstoß ignoriere der Ministerpräsident zudem die Arbeit des zuständigen Fachministeriums. Hier sei man der Problemlösung schon näher: „Just als der Ministerpräsident seine Idee verkündete, rangen wir im Kultusministerium mit Vertretern der Grundschulfamilie, der Schuladministration, der Wissenschaft und Frau Staatsministerin Stolz um Konzepte für nachhaltigen und somit effizienteren Unterricht, insbesondere mit dem Fokus auf Sprachkompetenz. Diese neue, offene Arbeitsweise des Kultusministeriums, unter Einbezug von Fachleuten und der von Entscheidungen Betroffenen, hat das Potenzial, Schule positiv zu verändern“, so Löwe.

Individualisierung

Für die Qualitätssteigerung des Schulunterrichts müsse aus Sicht des BEV der Heterogenität der Schülerschaft durch schulindividuelle Lösungen endlich Rechnung getragen werden. Nicht nur die einzelne Schule, sondern jede Lehrkraft brauche mehr Gestaltungsspielraum, um das jeweils der Situation bestpassende Lernsetting im Sinne gezielter, möglichst gehirngerechter Kompetenzentwicklung umzusetzen. „Wir beobachten jedoch, dass insbesondere Grundschullehrkräfte bereits vorhandene Freiräume allenfalls zögerlich nutzen, da Abweichungen vom Gewohnten nicht belohnt, sondern geargwöhnt werden“, wendet Löwe ein. Daher müssten Grundschullehrkräfte explizit aufgefordert werden, ihre Spielräume wahrzunehmen. Das eigentlich Selbstverständliche, dass nicht die Beachtung von Vorschriften, sondern die Bedürfnisse des Kindes maßgeblich für das Handeln der Lehrkraft sind, müsse nicht nur in der Lehrerausbildung, sondern auch durch rechtliche Rahmenbedingungen gestärkt werden.

Professionalisierung

„Die Bandbreite der Vorbildung bei Schulanfängern wird immer größer, somit bedarf es eines immer größeren Werkzeugkastens und mehr Zeit für das einzelne Kind zur Erfüllung des Bildungsauftrags. Hierzu ist eine kontinuierliche Fortbildung der Lehrkräfte und Vernetzung mit anderen Professionen notwendig“, betont Löwe. Der Einsatz multiprofessioneller Teams – nicht nur an den Grundschulen – sei unabdingbar, damit Lehrkräfte sich wieder auf ihre Kernkompetenz konzentrieren könnten. Dies würde auch den Lehrermangel reduzieren.

Qualitätsentwicklung und -sicherung

Unterricht müsse als Prozess begriffen werden, in dem Lehrkräfte, auszubildende Lehrkräfte und Schülerinnen und Schüler gemeinsam Qualitätsentwicklung betreiben und die gezielte Förderung der Schülerinnen und Schüler weiterentwickeln. Die bereits vorhandenen Werkzeuge der inneren Schulentwicklung müssten dem guten Beispiel des Kultusministeriums folgend unter Beteiligung der gesamten Schulfamilie und Experten schulindividuell stärker genutzt werden. Die somit praktisch gewonnenen Erkenntnisse zur Qualitätsdynamik sollten in einer viel engeren Kooperation von Schulen, Lehrerausbildung und Wissenschaft dem gesamten Bildungssystem zugutekommen.

Sprachkompetenz

Der BEV begreift Bildung als gesamtgesellschaftliche Aufgabe, bei der hierzulande das Beherrschen der deutschen Sprache selbstverständlich eine Schlüsselkompetenz ist. Letztere zu fördern, sei aber nicht allein oder vorrangig Aufgabe der Grundschule, die Entwicklung der Sprachkompetenz beginne schließlich bereits im Mutterleib. „Je früher wir mit der Sprachförderung ansetzen, desto effektiver kann diese sein. Wir sollten daher den Fokus auf die frühe Bildung in Kita und Elternhaus richten. Wenn das Sprachproblem nicht noch größer werden soll, muss umgehend der Personalmangel im Kita-Bereich beseitigt werden“, mahnt Löwe. Den Eltern müsse auf vielfältige Art verdeutlicht werden, wie wichtig die Beschäftigung mit dem eigenen Kind, das Mit-ihm-Sprechen, das Vorlesen und somit ihre aktive Rolle ist. Dies schließe Angebote der aufsuchenden Elternarbeit und idealerweise auch werdende Eltern ein. Löwe schließt: „Zu Recht heißt es in einem bekannten afrikanischen Sprichwort, um ein Kind aufzuziehen, brauche es ein ganzes Dorf. Dies lässt erahnen, dass unsere hausgemachte Bildungsmisere sich nicht mit einfachen Basteleien an der Stundentafel beseitigen lässt.“

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