Landshut - lb (24.10.2024) Landshut will eine fahrradfreundliche Stadt sein und werden. Da passt es gut ins Bild, dass am vergangenen Freitagmorgen, genau zur Stoßzeit, in der viele Kinder und Jugendliche und auch Erwachsene in die Schule bzw. in die Arbeit strampeln, am Isarsteg auf der Seite des Eisstadions eine Verkehrskontrolle stattgefunden hat, um dem Unwesen des „Geisterradelns“ mit einem Bußgeldbescheid in Höhe von sage und schreibe 55 €uro ein Ende zu bereiten.
Angeblich hat es viele Beschwerden seitens derjenigen gegeben, die den Steg rechtmäßig, also auf der rechten Seite, benutzen. Recht so, das Geisterradeln ist ein großes Ärgernis und sei, wie die Polizei in einem Telefonat mit einem Betroffenen aussagt, nur auf die Faulheit und Ungeduld der Linksfahrenden zurückzuführen. So ist er nun einmal der Radlfahrer in Landshut: faul und rücksichtslos – und so muss er bestraft werden. Zumindest die Schüler kamen mit einer Ermahnung davon.
Doch ist das nicht ein bisschen einfach und ein wenig eindimensional, um sich die Menge der „Geisterradler“ allgemein und auf dem Isarsteg im Speziellen zu erklären? Der Isarsteg stellt einen für die in der Stadt Strampelnden zentralen Verkehrsknotenpunkt dar. Diejenigen, die aus dem städtischen Süden (Achdorf und z.T. Hofberg) und dem südlichen Landkreis (Kumhausen, Tiefenbach, Geisenhausen, Altfraunhofen, Eching, …) kommen und in die Altstadt wollen, fahren durch die Unterführung der B11 geradeaus Richtung Grieserwiese. Sie müssen ordnungsgemäß an der Ampel des Isarstegs warten und bilden bei Rot am Morgen bereits jetzt schon eine große Traube der Wartenden, die von der eher eng bemessenen Plattform am Brückenkopf nur gerade so aufgenommen werden kann.
Diejenigen, die dann Richtung Landshuter Westen und Norden abbiegen, benutzen den Isarsteg, um das Gewässer zu überqueren. Die meisten fahren zu dieser Zeit in die dort ansässigen Schulen und Industriegebiete, um der viel befahrenen Luitpoldstraße auszuweichen. Dass ein Großteil dieser Radler dann zum Geisterradler wird, liegt aber nicht an der Faulheit derer, die bereits schon mehrere Kilometer zurückgelegt haben. Die Gründe sind vielfältiger. Denn erstens würden sie die ohnehin schon beengten Zustände beim Warten auf Grün an der Ampel noch weiter belasten, was angesichts des dichten Verkehrs auf der angrenzenden B11/B15 am Kupfereck zu weitaus gefährlicheren Situationen führen würde, als es das Geisterradeln verursacht.
Der zweite Grund liegt darin, dass es beim Umschalten der Ampel zu Kollisionen zwischen denjenigen, die in die Stadt wollen, und denjenigen, die den Steg benutzen wollen, käme. Gerade jüngere und auch ältere Verkehrsteilnehmer, die dann die Ampel vielleicht sogar stadtauswärts überqueren müssen, sind hier gefährdet, weil sie oft unsicher auf die Situation reagieren. Zudem müssten die Radler dann drittens nach dem ordnungsgemäßen Überqueren der Brücke ohne Verkehrsampel die Gabelsbergerstraße passieren. Dies würde dann entweder sofort nach der Brücke geschehen, um die Radwege in den Isarauen zu nutzen, oder später an der Ecke Gabelsbergerstraße – Sandnerstraße. Hier sieht die Vorfahrtsregelung den Vorrang für die wieder nach rechts abbiegenden Wägen vor.
Für die Fahrradfahrer, die sich in diesem Bereich auf keinem eigenen Fahrradweg bewegen können, sind beide Möglichkeiten sehr gefährlich. An der Ampelanlage am Isarsteg herrscht unter den Autofahrern ob der engen Grüntaktung für gewöhnlich eine sehr angespannte Stimmung, die oft Ursache von Fehlverhalten ist. Häufig wird dicht aufgefahren und nicht selten nutzen Autos, die vom Gutenbergweg her kommen oder die von diesen vermeintlich ausgebremst worden sind, die bereits vergangene Grünphase, um sich noch schnell unerlaubt an die auf dem Steg bei der zweiten Ampel wartenden Schlange hinten anzuschließen. Gerade diese unübersichtliche Verkehrssituation erschwert also das Überqueren der Straße am Ende der Brücke, zumal die Ampelschaltung so getaktet ist, dass gleichzeitig mit den Radlern die Autos, die Richtung Eisstadion unterwegs sind, die Brücke ebenfalls befahren.
Das ist auch für die Kreuzung Gabelsbergerstraße – Sandnerstraße ein zusätzliche Gefahrenlage, weil die zu den Stoßzeiten vielen Radler, die geradeaus fahren wollen, zusammen mit den Autos im Rücken die Kreuzung erreichen. Hinzu kommt, dass auch aus der Gegenrichtung häufig Autos kommen, auf die Rücksicht genommen werden muss, geschweige denn auf die Verkehrsteilnehmer, die aus der Sandnerstraße in die Gabelsbergerstraße einbiegen wollen. Da muss dann der Radler schon gehörig aufpassen, nicht selbst zum Geist zu werden.
Die „Geisterradler“ sind also, auch wenn es auf den ein- oder anderen zutreffen mag, nicht einfach nur als faul zu bezeichnen und die Ursachenforschung müsste weiter gehen. Sie umgehen mit ihrem Verhalten einfach nur auf pragmatischem Weg wirkliche Gefahrenstellen auf ihrem Schul- und Arbeitsweg und werden mit solchen Aktionen seitens der Polizei, deren Arbeit ich nicht schmälern will und die solche Maßnahmen wohl durchführen muss, demotiviert. Welche Konsequenz erwartet man jetzt von solchen Aktionen? Setzt man sich aktiv mit den Kollisionspunkten zwischen Auto- und Radfahrern auseinander? Was machen die Versicherungen, wenn sich auf dem Schulweg mehr Unfälle ereignen und die Kosten steigen? Wie wird reagiert, wenn sich Eltern, die ihre Kinder nicht in zusätzliche Gefahren schicken wollen, dazu entschließen, ihren Nachwuchs wieder selbst mit dem Auto in die Schule zu fahren? Kann das Kupfereck stellvertretend für die Stadt dann das zusätzliche Verkehrsaufkommen stemmen? Vertreibt man so die Elterntaxis vor den Schulen und sorgt man so dafür, dass sich die Verkehrsverstopfung der Innenstädte auflöst? Sollen die Geisterradler am Isarsteg jetzt schieben und so doppelt so viel Platz brauchen?
Vor einigen Jahren wurde der Isarsteg saniert, an die Hauptnutzer, die Radfahrer, wurde dabei im wahrsten Sinne des Wortes nur am Rande gedacht. In der Mitte fährt noch immer das Auto! Eigentlich müssten die Radfahrer belohnt und nicht bestraft werden! Vielleicht verteilt die Stadt Landshut ja einmal Dankeskrapfen statt Strafzettel an die Radfahrer!
Gez.: Simon Hölzl, Landshut